Windkraft & Naturschutz in Niederösterreich – eine Antwort an den Umweltdachverband
Danke für die Übermittlung des Berichtes „Windkraft &
Naturschutz in NÖ – Beurteilung des Umweltdachverbandes“. Den bei KnollConsult
beauftragten Bericht zur Standortsausscheidung habe ich ebenfalls durchgesehen.
Ich wollte nun kurz ansprechen was mir aufgefallen ist und zwar jenseits der
Methodik von Knoll und auch über Natura 2000 hinaus.
Die diversen sektoralen Ausschlussverfahren zur Ermittlung
geeigneter Standorte von Windkraftanlagen lassen meiner Meinung nach eines außer
Acht: die Kumulierung technischer Infrastrukturbauten in der bislang freien
bzw. offenen Landschaft. Die (nicht nur optische) Summationswirkung von
Windparks, oft in Kombination mit Energieleitungen, Verkehrstrassen und
anderwärtig in Anspruch genommener Flächen, hat in manchen Regionen bereits den
regionalen Landschaftscharakter verändert. Das Nordburgenland (Parndorfer
Platte, nordöstlicher Seewinkel) und größere Teile des östlichen
Niederösterreich (Arbesthaler Hügelland, Prellenkirchener Flur, nordwestliches
Marchfeld, nordöstliches Weinviertel u. a.) sind dafür zu erwähnen. Wie weit
diese Entwicklung gehen wird ist nicht absehbar und, wie erwähnt, auch durch
die jetzigen Festlegungen in Niederösterreich nicht beeinflussbar. Es geht um
den Landschaftsschutz im ursprünglichen Sinne, allerdings in einer bisher nie
erreichten räumlichen Dimension.
Zu sagen nur wenige Prozent der Landesfläche können von
Windkraftanlagen eingenommen bzw. beansprucht werden trifft nicht die
angesprochene summierte Wirkung technischer Bauten. Ich sage das aus Erfahrung,
da ich fast jeden Tag durch Niederösterreich fahre und die Landschaftsveränderungen
der letzten fünf Jahrzehnte miterlebt habe. Einige der festgelegten Windkraftzonen
lassen hier noch Schlimmeres befürchten (s. o.). Gefährdete Landschaften sind,
wie erwähnt, das Weinviertel und das Marchfeld, insbesondere die March-Thaya-Region sowie die
Donauregion zwischen Wien und Bratislava.
Ich denke, dass die Entwicklung im Auge behalten werden sollte
und plädiere für eine bessere und moderne Beachtung des Landschaftsschutzes.
Eine verschandelte Landschaft kann nicht nur niemand mehr anpreisen (und
verkaufen), die aktuellen Entwicklungen der Rauminanspruchnahme werden sich
auch nicht nur auf das Landschaftsbild auswirken. Ökologie und Raum sind miteinander
verbunden und bedingen einander. Eine Prüfung der Raumverträglichkeit müsste
komplexer ansetzen und über die Einbeziehung des Landschaftsschutzes ökologische
Relationen und Summenwirkungen prüfen. Regionale Identitäten und Wahrnehmungen
sind dabei ebenfalls zu beachten, denn nicht anders ist der zunehmende
Widerstand gegen die Neuerrichtung von Windparks zu verstehen.
Die Nutzung der Windenergie als erneuerbare Energiequelle
ist ein sinnvolles Segment einer umfassenderen Energiewende. Von der Anwendung
her hat sie allerdings eine Dimension erreicht, welche einen entsprechenden
planerischen Umgang mit ihr erfordert.